1.1.16 HfG Ulm

International bedeutendste Designhochschule

Die Hochschule für Gestaltung in Ulm wurde 1953 von Otl Aicher, seiner Frau Inge, Max Bill und anderen gegründet – der offizielle Lehrbetrieb begann 1955. Sie gilt heute als eine der international bedeutendsten Designhochschulen und wird öfters als Nachfolger des Bauhauses bezeichnet. Diese Behauptung zerstreut Otl Aicher jedoch in seinem Buch »Die Welt als Entwurf« – der Ansatz der HfG Ulm war zwar auch funktionalistisch und teilweise (sozial-) politisch motiviert, jedoch bemühte man sich in Ulm um die Abgrenzung von Design zur Kunst. So schreibt Otl Aicher:

Design & Kunst

»…design ist alles andere als kunst. design und kunst verhalten sich wie wissen und glauben, es mag wissenschaftler geben, die religiös sind, aber wissenschaft ist prinzipiell etwas anderes als religion.
design muß wie wissenschaft und technik begründet werden, es lebt aus dem argument. kunst und metaphysik stehen außerhalb des arguments. hier wird gesetzt, nicht begründet, auch wenn thomas von aquin sagt, glauben und wissen können sich nicht widersprechen, bleibt der glaube trotzdem so subjektiv, daß alles geglaubt werden kann, was keinen widerspruch darstellt, im gründe gibt es so viele religionen wie es individuen gibt.
design bezieht sich auf sachverhalte, es ist der sprache verwandt, auch die sprache ist so viel wert wie ihre fähigkeit, sachverhalte wiederzugeben, ihre leistung besteht darin, auch diejenigen sachverhalte wiedergeben zu können, die sie bislang nicht ausgesprochen hat. ihr gradmesser ist ihre treffsicherheit. versuche, mit der sprache inhaltsfrei zu hantieren wie in der abstrakten kunst, darf man als gescheitert ansehen.
design besteht darin, produkte ihrem sachverhalt entsprechend auszubilden, und das heißt vor allem, sie neuen sachverhalten anzupassen, in einer sich ändernden welt müssen auch produkte sich ändern. aber was ist der maßstab von design, die neuen sachverhalte oder die kunst? heute ist design abgesackt und degeneriert zur
angewandten kunst…«

Aicher, O.: die welt als entwurf, Berlin 1991, S. 19

Design weg von der Kunst

Diese Einstellung ist auch im Lehrplan der HfG Ulm zu erkennen. Man versuchte Design weg von der Kunst, mehr in Richtung Wissenschaft zu rücken und so wurden auch Kurse über Semiotik, Psychologie und Anthropologie angeboten. Nach dem Krieg hoffte man auf eine Humanisierung des Designs, seiner Methodik und dadurch der Gesellschaft allgemein.

Methodischer Designansatz

In Ulm wurde das erste Mal auch bewusst ein methodischer Designansatz vermittelt, was wiederum zu der angestrebten Wissenschaftlichkeit passte. Man versuchte einen systematischen, technikorientierten Zugang zum Design zu finden, um sich von der Beliebigkeit der Kunst zu befreien, die als design-irritierend verstanden wurde. 1968 wurde die HfG Ulm aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln geschlossen.

Fazit HfG Ulm

Einführung einer Methodik

Die HfG Ulm entwickelte die Ideen des Bauhauses weiter, scheute sich jedoch nicht davor, eigene Ansätze einzubringen, bzw. die Idee des Bauhauses zu revolutionieren. So hat die HfG Ulm durch die Einführung einer Methodik in den Gestaltungsprozess ein eigenes wissenschaftliches Fundament für die Disziplin geschaffen. Die Abwendung von der Kunst ist essenziell für die Eigenständigkeit der Designdisziplin und stellt einen großen Entwicklungsschritt dar. Auch der humane Anspruch, den man an die Gestaltung hatte, war zwar beim Bauhaus zu erkennen, wurde aber an der HfG Ulm weiterentwickelt und floss maßgeblich auch in den Gestaltungsprozess und in die Auswahl der Methoden ein.

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