3.3.3 Teilung von komplexen Problemen
VDI Prozessmodell
Wie bereits erörtert, sind komplexe Probleme, also »ill-structured problems«, anfangs sehr undurchsichtig und bedürfen einer ausgiebigen, sich über den ganzen Prozess hinziehenden, Analyse. Das vom VDI erstellte Designprozessmodell, was bereits untersucht wurde, schlägt vor, komplexe Probleme in einfachere Probleme zu fragmentieren und diese dann nacheinander (oder parallel) zu lösen. Auch Jones sieht diesen Ansatz als Hauptlösungsmethode:
»…the main principle in dealing with complicated problems is to transform them into simple ones…«
Fehlerquellen bei der Teilung von Problemen
Probleme über mehrere Ebenen
Dabei erstrecken sich Probleme oft über mehrere Systemebenen. Dem Designer können hier Kompetenzen fehlen, um Bewertungen von einigen Ebenen durchzuführen. Julia Moisand empfiehlt hier die Zerlegung des komplexen Problems in einzelne Subprobleme und die Zuteilung dieser Subprobleme an Experten des jeweiligen Fachgebietes, der Ebene des Problems. Allerdings ergeben sich hieraus einige Probleme, die im Folgenden weiter beleuchtet werden, um die Problematik der Problemteilung aufzudecken. Generell ist das Zerteilen von komplexen, nicht in einem Stück zu bewältigenden Problemen ein guter Ansatz, dennoch ergeben sich bei der Zerteilung des komplexen Problems Schwierigkeiten, die der Designer leicht übersehen kann.
Subjektives Aufspannen des Problemraums
Vor der Zerteilung eines komplexen Systems muss zunächst durch subjektives Aufspannen des Problemraumes ein ungefähres Gespür für das Problem (bzw. die einzelnen Subprobleme) und die Faktoren die es (sie) beeinflussen, erreicht werden. Hier können schon erste Fehler auftreten, wenn bei der Recherche Details übersehen bzw. als unwichtig gedeutet werden, die sich später als für andere Subprobleme determinierend herausstellen. Lawson schreibt hier treffend:
The detail wags the dog
»…We have rule that says sometimes the detail wags the dog. You don‘t necessarily go from the general to the particular, but rather often you do detailing at the beginning very much to inform…«
Auch diese Entscheidung, auf welche Details sich konzentriert wird, welche Details für das Hauptprobleme gesehen werden und als wichtig empfunden werden, ist subjektiv und wird vom Designer anhand seines Wissens und seiner Erfahrung aus vergangen Designprojekten bestimmt. Hierzu wurden bereits die Kompetenzstufen betrachtet.
Identifizierung der Vernetzung der Subprobleme
Eine weitere Schwierigkeit stellt sich in der Identifizierung der Zusammenhänge der Subprobleme dar, was wahrscheinlich auch die Hauptschwierigkeit bei der Problemteilung ist. Bevor das Problem zerteilt werden kann, müssen Abhängigkeiten geklärt werden und wie bereits erörtert, stellt sich ein komplexes Problem als sehr diffus dar und somit ist die richtige Identifizierung der einzelnen Zusammenhänge verschiedener Elemente des Problems sehr schwierig bis fast unmöglich. Daraus resultiert auch, dass also die Einteilung in Subprobleme nicht statisch sondern dynamisch ist und sich im Prozess aufgrund von Erkenntnis (aus der Spaltung des Problems) die Subprobleme neu anordnen und formieren können.
Systemebenen
Auch die Systemebenen, in die die jeweiligen Subprobleme eingeordnet werden können, müssen dem Designer klar sein und sollten behutsam analysiert werden. Der Vorteil einer Zerteilung der Probleme ist nach Jones, dass mehr Intelligenz (durch Einbindung mehrere Experten) auf das komplexe Problem angewendet werden kann. Diese Intelligenz kann seriell aber auch parallel auf das Problem wirken – im Falle der Parallelität verkürzt sich der Designprozess.
Einbinden von externen Experten
Das Einbinden von externen Experten macht es auch notwendig, Spezifikationen und Anforderungen an die Lösung so zu formulieren und zu kommunizieren, dass die Lösung der Subprobleme der externen Experten bei der Verbindung zur Gesamtlösung noch funktionieren. Auch hier ist es schwer, da auch das Problem diffus ist, eindeutige Spezifikationen zur Lösung zu definieren. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass auch, wenn die Experten vielleicht zur Sublösung der einzelnen Probleme kommen, die Verbindung bzw. das Funktionieren der Gesamtlösung evaluiert werden muss und eventuell noch einmal mit neuen, aus der Evaluation entstandenen Spezifikationen, an die Experten zurückgegeben werden muss, um eine erneute Lösung mit neuen Anforderungen zu produzieren. Dieses Evaluieren der Sublösung tritt natürlich nicht nur bei der Einbindung von externen Experten ein, sondern auch bei der Bearbeitung von Subproblemen von einer Person, die ihre Annahmen falsch oder unvollständig bezüglich des Problemraumes vorgenommen hat.
Zusammenführung der Sublösungen
Ein weiterer Umstand, der in direkter Beziehung mit den unvollständigen Annahmen über den Problemraum in Verbindung steht ist, dass auch, wenn die einzelnen Sublösungen optimal sind bzw. funktionieren, die Zusammenführung zur Gesamtlösung nicht zwangsweise funktionieren muss. Wenn hier allerdings die Rede von falschen bzw. unvollständigen Annahmen ist, bedeutet das nicht, dass der Problemlöser zwangsläufig schlecht analysiert und recherchiert hat, sondern einfach, dass das Problem zu unübersichtlich war und so gewisse Zusammenhänge anfangs selbst für den geübten Problemlöser im Dunklen bleiben. Gerade in sozialen Ebenen ist das Voraussagen von der Wechselwirkung zweier Sublösungen sehr schwer. Erst das Zusammenführen der Einzellösungen kann hier absolute Klarheit über die funktionierende Lösung des Hauptproblems liefern. Lawson hat hier ein sehr schönes Beispiel angebracht, was diesen Fakt sehr gut illustriert.
Beispiel Sublösungen
Man hat zwei Puzzle mit jeweils vier und fünf Teilen. Beide sollen (jedes Puzzle für sich) so gelegt werden, dass sie sich akkurat zusammenfügen. Dabei würde man wahrscheinlich auf die abgebildeten Lösungen kommen.
Diese können als Metapher für die Sublösungen gesehen werden. Nun sollen aber die beiden Puzzlelösungen wieder akkurat zusammengefügt werden und irgendwie scheint es da mit den beiden Sublösungen nicht zu funktionieren.
Hier muss erst wieder alles auseinander genommen und neu zusammengesetzt werden. Dieses völlig neue Auseinandernehmen und »einfach« so Zusammensetzen funktioniert natürlich nicht mit komplexen Problemen. Insofern ist das Puzzlebeispiel laut unserer Definition ein eindeutiges Problem und bedurfte eigentlich keiner Zerlegung in Teilprobleme. Allerdings ist dieses Beispiel schön zum Illustrieren der Problematik von der Zerlegung komplexer Probleme in Teilprobleme. Der Fehler lag bei unserem Beispiel in der falschen Zerlegung in Teilprobleme. Die richtige Lösung ist als Bild angefügt.
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