1.1.10 De Stijl

Die totale Abstraktion

Im Oktober 1917 wurde die Kunstzeitschrift »De Stijl« von einer Gruppe von holländischen Künstlern, Architekten und Designern das erste Mal herausgegeben und erschien von da an monatlich. Gründungsmitglied und geistiger Führer war der Maler und Kunsthistoriker Theo van Doesburg. Die Zeitung wurde bis zum seinem Tod 1931 herausgegeben und kann als Forum für Kunst- und Designdebatten und als Organ einer großen heterogenen Gruppe Intellektueller gesehen werden, die ein gemeinsames Ziel hatten: Die totale Abstraktion. De Stijl dokumentierte dabei nicht nur die neueste Entwicklung in der holländischen Avantgarde, sondern auch die des russischen Konstruktivismus, des Dadaismus und des italienischen Futurismus.

Erarbeitung einer neuen Formensprache

Kunst und Design sollten durch die universelle Sprache des abstrakten Kubismus gereinigt werden. Durch diese geometrisch-abstrakte asketische Darstellungsform und einen auf Funktionalität beschränkten Purismus sollte eine neue, wahre Ästhetik geschafft werden, die letztendlich zur menschlichen Harmonie und zur Aufklärung führen sollte. Die Gruppe, die von einer großen Fluktuation, was die Mitglieder betrifft, betroffen war, forderte die Abwendung von der traditionellen Kunst und versuchte eine völlig neue und abstrakte Formensprache zu erarbeiten. Dabei berief man sich auf einen theoretischen Unterbau, der sich aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Teilen zusammensetzte und der auch ständig in der Zeitung diskutiert und weiterentwickelt wurde.

Verwandtschaft mit Bauhaus

Ideen- bzw. kunstgeschichtlich befindet sich De Stijl auch in enger Verwandtschaft zum Bauhaus. So nahm van Doesburg 1921 auch Kontakt zum Bauhaus auf und hielt Vorträge. Auch der vom De Stijl-Mitglied Gerrit Rietveld entworfene Sessel Rot / Blau inspirierte Marcel Breuer, den Stahlrohrstuhl B3 Wassily zu entwerfen.

Leichtigkeit & Dynamik durch Minimalismus

Man lehnte die Nachahmung von natürlichen Gegebenheiten ab und verwendete stattdessen nur horizontale und vertikale Linien, rechtwinklige kubische Formen und die Primärfarben Rot, Blau, Gelb sowie die Nichtfarben Schwarz und Weiß. De Stijl beeinflusste die Moderne maßgeblich mit seinem antimaterialistischen Designansatz – so wurde der Raum nur durch geometrische Formen und Farbblöcke definiert. Trennwände unterteilten die Innenräume, die dazu noch sehr minimalistisch möbliert waren. So sollte eine Leichtigkeit und Dynamik erzeugt werden. Alle Mitglieder hatten eine gemeinsame visuelle Sprache von Form und Farben und schafften so auch durch die Übertragung auf das Produktdesign und die traditionelle Trennung von bildender und allgemeiner Kunst aufzuheben. Das große Ziel – die allgemeine Verbreitung der Kunst  – wurde jedoch nicht erreicht.

Fazit De Stijl

Wissenschaft als Katalysator für Design

Auch die De Stijl Bewegung war sich seiner sozialen Verantwortung bewusst und wollte durch ihre eigene Formensprache eine reinigende und aufklärende Wirkung auf die Gesellschaft haben – als Unterbau zog man nun auch die Wissenschaft heran, allerdings zunächst die Geisteswissenschaften, so auch die Theosophie. Bemerkenswert ist hier, dass man versucht durch Wissenschaftlichkeit sein Design zu katalysieren.

Funktionalismus durch Wissenschaft

Eine weitere Besonderheit, aber auch eine Ähnlichkeit zum Funktionalismus des Werkbundes, ist die totale Abstraktion und teilweise asketische Formensprache der Gestaltung, die jedoch aus heutiger Sicht nicht absolut funktionalistisch ist. Jedoch war es eben dieser geisteswissenschaftliche Ansatz, aus dem die Formensprache entwickelt wurde, die subjektiv für die Anhänger der De Stijl-Bewegung als funktionalistisch erschien, weil sie ihre Formensprache aus der Wissenschaft definierten, bzw. sie damit rechtfertigten und so die Möglichkeit sahen, einen moralischen Dienst an den Konsumenten zu leisten.

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